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Urbane Dörfer: Die neue Lust auf’s Land

geschrieben am 08.11.2019 von Klaus Peltzer

In deutschen Städten wird es immer schwieriger, passenden und bezahlbaren Wohnraum zu finden. Ländliche Gebiete dagegen bluten, vor allem in den alten Bundesländern, zunehmend aus. Seit Jahren sucht die Politik nach Wegen, dem entgegenzusteuern. Doch Landleben lässt sich nicht einfach verordnen. Die zunehmende Akademisierung hat diesen Trend noch verstärkt. Berufstätige wohnen und arbeiten in den Städten. Wer eine Familie gründet, zieht allenfalls in die auch immer teurer werdenden Speckgürtel der Metropolen. Doch mittlerweile gibt es kleine Kommunen, die bewusst junge Städter anlocken. RE/MAX Germany berichtet im Folgenden über eine neue Studie zu diesem Phänomen.

Wie digitales Arbeiten Städter auf’s Land bringen kann


Speckwürfel inmitten des schrumpfenden Raumes“ nennt Reiner Klingholz die kleinen Kommunen, die vor allem junge Städter anziehen. Er ist Leiter des Berlin Instituts für Bevölkerung und Entwicklung. Und es gibt innovative Menschen wie Digital-Projektmanager Philipp Hentschel, der mit seiner Familie raus aus der Stadt will. Denn dort wird es immer enger, voller und teurer. Gemeinsam mit gleichgesinnten Berlinern hat er eine Genossenschaft gegründet. Im Dorf Prädikow in Brandenburg baut er gerade einen verfallenen Gutshof zu einem Wohn- und Arbeitsdomizil um. 60 bis 100 Erwachsene und Kinder sollen hier Platz finden – davon gibt es auf dem großen Vierseithof mit neun Hektar Land mehr als genug.

Der Hof Prädikow ist eines von 18 Projekten, die das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung in der Studie „Urbane Dörfer – Wie digitales Arbeiten Städter aufs Land bringen kann“ untersucht hat. Die Forscher wollten wissen, für wen der Umzug aufs Land überhaupt attraktiv ist. Welche Unterstützung brauchen diese Menschen? Einige der Projekte stecken noch in den Kinderschuhen, andere sind bereits im dörflichen Alltag verankert.

Digitales Arbeiten geht überall


Bei den Stadtflüchtigen handelt es sich keineswegs nur um nostalgische Backsteinromantiker. Menschen wie Philipp Hentschel wollen das Leben auf dem Land mit viel Tatkraft und Engagement neu erfinden. Paradoxerweise haben gerade Menschen, die in der digitalen Arbeitswelt aufgewachsen sind, die besten Voraussetzungen für die Stadtflucht. Denn digitales Arbeiten kann überall stattfinden. So sind es vor allem Akademiker, die in Kreativ- und Wissensberufen arbeiten. Sie haben das Land als neuen Lebensort für sich entdeckt – und dabei neue Formen gemeinschaftlichen Wohnens und Arbeitens geschaffen.

Freiberufler und Selbstständige wie Mediengestalter, Architekten und Journalisten können ihre Arbeit mit aufs Land nehmen. Sie teilen sich dort Büroräume, um nicht allein vor dem PC zu sitzen.  Voraussetzung hierfür ist allerdings eine gute Verbindung zum weltweiten Netz. Die ist, trotz anderslautender Versprechen der Bundesregierung, durchaus nicht flächendeckend gegeben. Andere suchen sich auf dem Land neue Stellen. Denn auf die Dauer pendeln will niemand. Wieder andere nutzen die Chance für einen beruflichen Wandel. So hat Philipp Hentschels Frau, ehemals Programmiererin, auf Tischlerin umgelernt.

Impulse für die Dorfentwicklung


Auch die Kommunen profitieren davon, dass neues Leben in alte Fabriken, Mühlen, Klosteranlagen und Landgüter einzieht. Denn es handelt sich um baufällige Immobilien, die sie sonst auf eigene Rechnung abreißen müssten. Doch das ist nicht alles. Städter bringen auch Ideen und Impulse für die dörfliche Entwicklung mit. Sie wollen ihr neues Umfeld gerne aktiv mitgestalten. So entstehen im „Dorf 4.0“ nicht nur digitale Arbeitsinseln, sondern auch neue Treffpunkte für die Dorfbewohner und Zugezogenen. Die Städter eröffnen Cafés, Hofläden, organisieren Kulturfestivals oder gründen Initiativen für die Nahversorgung von Lebensmitteln. Außerdem rettet der zugezogene Nachwuchs den ein oder anderen Dorfkindergarten.

Einige Orte haben durch ihre neuen Bewohner und Angebote sogar Bekanntheit erlangt. So heißt es in der Studie, „dass die Städter sich am Wochenende in Scharen aufmachen, um in der alten Gärtnerei Kaffee zu trinken, die Ausstellung lokaler Künstler zu besuchen und am Ende das frisch geerntete Gemüse aus dem lokalen Permakulturgarten zu kaufen“. Allerdings räumen die Macher ein, dass die untersuchten Projekte keine Gewähr für eine Trendwende geben. Doch mit Unterstützung durch eine Politik, die die Zeichen der Zeit erkennt, könnte ein Strukturwandel hin zu mehr Ausgleich zwischen Stadt und Land gelingen.

Die im August 2019 erschienene Studie des Berlin Instituts für Bevölkerung und Entwicklung und Neuland21.e.V. findet man unter www.berlin-institut.org/publikationen.

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